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Wie lange es dauert, eine gute Kundenbindung aufzubauen?

Touchpoints sind die Orte, in denen Begegnung mit dem Kunden stattfinden:

  • Das Hinweisschild auf der Straße
  • Das Schaufenster
  • Der Interneteintrag, die Bestätigungsmail, der erste Handschlag, das erste Lächeln, die Übergabe der Ware etc.

Wenn alle diese Begegnungen passen, entsteht ein "Nicht unzufriedener Kunde".

Der Weg ist weit zum "Zufriedenen" oder zum "Begeisterten" Kunden, zum "Empfehler" oder  gar zum "Ambassador" (ein Kunde, den sich für den Erfolg seines Lieferanten/Dienstleisters aktiv einsetzt).

Manchmal passt diese Verbindung von Anfang an. Aber oft dauert es Jahre, bis sich z.B. ein vergleichbares Hotel zu einem herausragenden Hotel entwickelt. Statt "Ich buche in Berlin mal hier oder dort meist über booking.com, wo es halt am billigsten oder verkehrstechnisch am passendsten ist." führt der Weg dann zu "Ich buche in Berlin immer dieses Hotel, auch wenn ich mal etwas weiter habe. Ich fühle mich da immer am Wohlsten, auch wenn die Zimmer nicht mehr ganz aktuell sind." So ging es mir mit einem Hotel in Berlin. Aber dazu später.

Der Kunde setzt sich für den Erfolg des Dienstleisters ein - in diesem Falle ich

Business-Etikette, Tisch-Etikette und private Etikette - das sind alles Nettiketten. Man sagt dem anderen nichts, wenn einem Verstöße gegen die Regeln auffallen. Man bleibt höflich, nett und freundlich. Pokerface bei jedem Verstoß wie bei der After Eight-Werbung  "Tun wir so als sähen wir es nicht". Egal ob jemand eine Nudel im Gesicht kleben hat, das Hemd falsch zugeknöpft ist oder die Gabel falsch gehalten wird. Es gilt: Kein Feedback.

Und so laufen in der deutschen Bahn die Zugführer mit zugeknöpfter Weste herum, obwohl der unterste Knopf geöffnet gehört. In einigen Bankfilialen sind die Sakkoärmel der Herren zu lang und die Hemdenärmel zu kurz usw.. Zum allerersten Mal und das einzige Mal verstieß ich im Hotel Holiday-Inn City West gegen die Nettikette. Weil ich gerne dort bin, weil ich mich verbunden fühle und alle hinter der Rezeption so nett waren. Ich sah vor der Rezeption lauter gut gekleidete Menschen mit Sakko stehen und hinter der Rezeption lauter Menschen mit zugeknöpfter Weste incl. unterstem Knopf. Bei einem abendlichen Smalltalk gab ich den Mitarbeitern hinter der Rezeption einen Hinweis auf diesen Dresscode. Sie nahmen das Feedback nicht an, fanden es lustig und meinten, ich solle das der Chefin sagen. Ok, das war dann nun doppelt peinlich. Die Nettikette hat wohl doch ihren Sinn, auch in diesem Hotel in Berlin. Aber dazu später.

Kundenbindung aufbauen, Kunden begeistern und den Standard halten

Wie viele positive Begegnungen braucht es, bis Sie beginnen, einen Laden, einen Dienstleister, ein Hotel aktiv zu empfehlen? Wenn die Beziehung gut aufgebaut ist, dann beginnt der Kunde ein Interesse daran zu haben, dass die andere Seite erfolgreich bleibt. Wenn mal was schief geht, macht das nichts. Aber die Beziehung bleibt dennoch ein fragiles Gebilde. Wir müssen uns als Dienstleister, Verkäufer, Ladeninhaber, Unternehmer, Help Desk-Mitarbeiter, Applikationsmitarbeiter, Front-Desk-Officer ... jeden Tag bei jedem Kunden bemühen, für ein positives Kundenerlebnis zu sorgen. Mit einem Fingerschnipp kann man auch alles zerstören.

Ich liebe Geschichten zum Thema Kundenorientierung

Vor einigen Jahren habe ich mal nach vielen Kundenorientierungstrainings ein kleines Kartenspiel veröffentlicht mit Impulskarten zum Thema Kundenorientierung. Auch konnte ein Kunde von mir einen Award zum Thema Kundenorientierung gewinnen durch die Zusammenarbeit mit mir. In meiner Arbeit als Coach, Trainer und Organisationsentwickler nutze ich gerne kleine Geschichten, die meine Kunden dabei unterstützen, ihre Welt, Rolle oder ihr Engagement mit neuen Augen zu sehen. Egal ob das Thema "Das Unternehmen zum Kunden ausrichten", "Interne Kundenorientierung" oder "Kunden- und vertriebsorientierte Service-Abteilung" heißt. Ich sammle Geschichten zum Thema Kundenorientierung aus dem Alltag, positive wie negative, um in Trainings und Changeprozessen zu verdeutlichen, um was es geht.

Hotels

Eine Geschichte, die ich immer wieder erzähle, ist eine über das Hotel Hasen in Herrenberg, das eine Fehlbuchung für ein Zimmer derart herausragend zu meiner Begeisterung gelöst hatte, dass ich seit fast zwanzig Jahren die Art der vorbildlichen Reklamationsbehandlung heraushebe und dadurch gerne indirekt für das Hotel Hasen Werbung mache. Oder das Starbucks am früheren Berlin-Tegel-Flughafen, denen ich begeistert positives Feedback gegeben hatte, weil ich deren herzliche, mehrsprachige  und beziehungsstarke Kundenorientierung so toll fand - und die dann 10 min später an meinen Tisch kamen und mir einen Porzellan Starbucks-Becher schenkten, weil sie sich über das positive Feedback so freuten. Ich halte den Becher in Ehren.

Seit fast 20 Jahren buche ich mich in einem Hotel in Berlin City-West ein (Siemensianer kennen dieses Hotel als ihr Haushotel). Es ist nicht mehr das Schönste, aber es hat neben dem Mercure-Hotel um die Ecke die beste Lage, ein hervorragendes Frühstücksbüffet und auch sehr aufmerksame Mitarbeiter auf dem Parkett. Oft habe ich gar nicht so viel vom Hotel, weil zwischen Workshopvorbereitung, Durchführung des Workshops, Nachbesprechung, Kundenessen, Vorbereitung des nächsten Tages, Telefonate mit anderen Kunden etc. gar keine Zeit bleibt, um das Fitness-Center, die Sauna, die Lage in der Nähe der Spree zum Joggen oder für das gute Frühstück Zeit bleibt. Aber immerhin, man hätte es nutzen können. Die Option, ist manchmal schon etwas wert.

Beim letzten Mal hatte ich die Termine nicht so eng getaktet. Ich freute mich auf das Fitness-Center. Aber leider war es vier Tage incl. Sauna und Schwimmbad geschlossen. Sehr schade.

Das Mal danach, wollte ich nach dem Auschecken in die Sauna (ich hatte noch drei Stunden Zeit bis zum Rückflug, Zug war wegen Streik nicht möglich). Aber die Mitarbeiterin versagte mir den Zutritt "Sie müssen € 20 zahlen, wenn Sie noch länger bleiben wollen." (Anm.: Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ein anderer Mitarbeiter mit zugeknöpftem Sakko mir die Türe dann doch noch öffnete mit den Worten "Gerne dürfen Sie in die Sauna. Danke, dass, Sie Member of ... Awards sind".)

Und dann vergaß ich meine Laufhose im Zimmer. Gut, dass mir das noch aufgefallen ist. Aber bereits 30 min nach dem Auschecken war das Zimmer aufgeräumt und die Hose weg. Ich wollte Ersatz. "

Sehr lustig

Rhetorisch ist es wichtig, eine Aussage zu begründen. Der Front-Desk-Mitarbeiter machte das per eMail folgendermaßen: „Da auch am Abreisetag alles durchsucht und nichts angefunden wurde, können wir Ihnen die Hose nicht ersetzen. Es tut uns leid, dass wir Ihnen keine bessere Nachricht überbringen können.“ Das nenne ich doch eine saubere Begründung. Ist doch logisch, oder? Sehr freundlich und bestimmt. Auch beim Wäscheservice sei extra nachgefragt worden, ob die Hose dort sei. Das ist auch sehr nett. Ich frage mich, welches Hotel nach Abreise von Gästen deren Wäsche zum Wäscheservice bringt (Vielleicht ist das auch der externe Dienstleister für Bettwäsche-Reinigung?). Fest steht, die Hose wird nicht ersetzt, weil sie nicht gefunden wurde.

Jetzt verstehe ich: Wenn die Hose also gefunden worden wäre, wäre mir diese ersetzt worden.

Lage, Lage, Lage

Werde ich dort wieder buchen? Natürlich. Was zählt ist die Lage, die Lage, die Lage. So ist das bei Immobilien und so ist das bei Hotels. Da kann man dann als Hotel, Würstchenbude, Gastwirtschaft machen was man will. Kunden zufriedenstellen oder gar begeistern zu müssen, ist bei guter Lage nicht notwendig. Erst in Krisenzeiten, Rezensionen, Pandemien, Marktveränderungen, neuen Mitbewerbern etc. wird deutlich, dass man sich verändern muss.

Zukunftsorientierung

Schade. Ich finde es so viel schöner, Geld zu verdienen mit begeisterten als mit nicht-unzufriedenen Kunden. Es gibt noch viel zu lernen - aber leider nicht für Abteilungen, Firmen, Dienstleister, Verkäufer in einem Bediener-Markt. Und wenn dann die Geschäfte nicht mehr laufen,  wenn der Bediener-Markt zum Käufer-Markt wird, wenn der Kunde beginnt, die Wahl zu haben - dann kann man sich wunderbar zurücklehnen und sagen "Der Markt ist schuld. Ich konnte nichts dafür."

Links

Link des Artikels zu sich selbst: https://blog.wellke.de/kundenbindung_kundenorientierung/

 

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Bildnachweis:

Pixabay

Autor dieses Blogs:

Hans-Peter Wellke
Fischersteige 4
D-87435 Kempten im Allgäu
Germany

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