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Kündigungsgespräche sind manchmal unausweichlich.

Insbesondere bei betriebsbedingten Massenentlassungen ist es hilfreich, sich als Führungskraft auf die Gespräche vorzubereiten. Eigentlich sind Einzelgespräche bei betriebsbedingten Kündigungen bzw. bei Massenentlassungen im Insolvenzverfahren nicht gesetzlich zwingend. Bei meinem aktuellen Führungskräfteworkshop-Auftrag entschieden sich die Geschäftsleitung zusammen mit dem Betriebsrat zu Kündigungsgesprächen unter vier Augen im Terminmarathon - schließlich erhielten alle über 100 betroffenen Mitarbeiter am gleichen Tag Ihre Kündigung.

Auch Führungskräfte sind Menschen

Eine Kündigung ist nicht nur ein emotionaler Einschnitt für den Gekündigten. Auch für die Führungskräfte stellen Kündigungen eine hohe psychische Belastung dar. Bis zu 15 Kündigungsgespräche mussten die Führungskräfte an einem Tag führen - eine hohe emotionale Belastung für jeden der Führungskräfte. Meine Aufgabe war es, die Führungskräfte auf den Spagat vorzubereiten. Die traurige Situation der zu kündigenden Mitarbeiter war allen bewusst. Aber wie geht man damit um? Die Führungskräfte wollten allen Ihren Rollen und Aufgaben angemessen gerecht werden:

  1. Verantwortung als Führungskraft gegenüber den zu kündigenden Mitarbeitern.
  2. Die Verantwortung gegenüber dem Arbeitgeber (Arbeitgeberrolle) und dem zukünftigen Investor.
  3. Die Verantwortung gegenüber der Mitarbeiter, mit denen man weiterhin zusammen arbeiten wird, die zwar nicht gekündigt sind, aber die sich ebenfalls von liebgewonnenen Kollegen verabschieden müssen.
  4. Aber die Führungskräfte wollten auch sich selbst als Mensch mit emotionaler Betroffenheit und Mitgefühl mit den Gekündigten authentisch umgehen.
  5. Und sie wollten auch ihre Kollegenrolle wahrnehmen, dem Abschied von langjährigen, liebgewonnenen Kollegen und Freunden.

Diesen Anforderungen gleichermaßen gerecht zu werden, sahen alle Führungskräfte als eine große Herausforderung.

Vorbereitung des Führungskräfteworkshops

Wie immer versuchte ich mich im Vorfeld der Vorbereitung in meine Zielgruppen hineinzuversetzen. Daher gingen in der Vorbereitung auf den Auftrag auch an mir die Emotionen nicht spürlos vorrüber, obwohl ich keinen der zukündigenden Mitarbeiter kannte:

  • Wie geht es den Mitarbeitern, die zu den Kündigungsgesprächen eingeladen sind? Mit welchen Emotionen kommen diese zu den Gesprächen?
  • Wie es wohl den Führungskräften geht, die die Gespräche führen müssen?
  • Wer sind die Stakeholder der Kündigungsgespräche (Geschäftsführung, Führungskräfte, gekündigte Mitarbeiter, verbleibende Mitarbeiter, Betriebsrat, zukünftiger Investor ...)? Welche Anforderungen haben diese an die Kündigungsgespräche?
  • Wie kann ich den Führungskräften in Ihrer Situation gerecht werden und diese entsprechend vorbereiten?
  • Was ist aus deren Sicht das Ziel des Führungskräfteworkshops? Was brauchen diese zu ihrer Vorbereitung auf die Gespräche? Welche Inhalte, welche Vorgehensweise und welche Methoden leiten sich daraus ab?
  • Und was benötigen die zu kündigenden Mitarbeiter von den (vorbereiteten) Führungskräften?

Eine Menge Fragen nach der Kündigung

Zusammen mit der Kommunikationsberaterin Kerstin Endele und der Geschäftsführung (Namen hier nicht erwähnt, um die Firma anonym zu halten) bereiteten wir uns auf den Workshop vor. Wir erstellten eine lange FAQ-Liste mit Fragen, die die Gekündigten an die Führungskräfte stellen könnten und versuchten diese im Vorfeld rechtssicher zu beantworten. Gleichzeitig fanden Pressekonferenzen statt und man musste noch über Nacht auf überspitzte Zitate aus der Presse mit entsprechenden Rundschreiben an die Mitarbeiter reagieren.

Der Führungskräfteworkshop: "Kündigungsgespräche wertschätzend Führen"

Die Führungskräfte wurden von mir im Workshop emotional abgeholt und vorbereitet.

  • Welche Ziele haben wir im Kündigungsgespräch?
  • Mit welchen Emotionen rechnen wir?
  • Wie gehen wir damit um?
  • Wie gehe ich mit meinen eigenen Emotionen um?
  • Welche Rollen habe ich? Wie werde ich diesen gerecht?

Der inhaltliche Workshopteil war für die Führungskräfte genauso wichtig:

  • Wie läuft ein Kündigungsgespräch ab?
  • Welche Fragen werden die Gekündigten haben?
  • Welche darf ich beantworten? Welche nicht?
  • Wer beantwortet welche Art der Fragen?
    Und wer beantwortet wie und wann die offenen Fragen?
  • An wen können sich die Mitarbeiter wenden (in den nächsten Tagen und Wochen; und an wen am Wochenende)?
  • Wie gebe ich Perspektiven? Wie stärke ich die Selbstverantwortung des Gekündigten?
  • Welche Rolle und Aufgaben habe ich nach der Kündigung? Welche nicht?

Die FAQ-Liste brachten wir in den Workshop mit, ergänzten sie um weitere Fragen der Führungskräfte und deren Ideen, welche Fragen von den Fast-Ex-Mitarbeitern kommen könnten.

Gut organisierte Rahmenbedingungen

Auch wenn im Vorfeld bereits allgemeine Informationsveranstaltungen von der Insolvenzverwaltung, der Geschäftsführung und dem Betriebsrat stattgefunden hatten: Bis zum Tag X war noch niemandem der Mitabeiter bekannt, wer auf der Kündigungsliste steht und wer gehen muss. So war der Kündigungstermin für viele dann doch eine Überraschung - für die einen eine Erleichterung, für die anderen ein geahnter oder ungeahnter Schock.

Daher bereiteten sich nicht nur die Führungsskräfte auf den emotionalen Kraftakt der Kündungsgespräche vor, sondern ebenso der Betriebsrat. Auch Seelsorger und Psychologen waren bereits im Vorfeld involviert und standen am Tag der Kündigungen für die Gekündigten bereit, um z. B. das bevorstehende Wochenende abzufangen. Für den Montag hatte sich die Agentur für Arbeit bereits kundenorientiert mit einer firmenspezifischen Infoveranstaltung angekündigt und bot abseits der regulären Öffnungszeiten zusätzliche Schalter-Sonderöffnungszeiten an.

Resümee nach den insolvenzbedingten Kündigungen

Am Ende erlebte ich eine sehr wertschätzende und vorausschauende Kooperation aus Geschäftsführung, Betriebsrat und Führungskräften. Auch die Geschäftsführung und der Insolvenzverwalter waren sehr erfahren und gingen professionell und wertschätzend mit allen Beteiligten um. Der von mir moderierte Führungskräfteworkshop war zwar keine "Lösung des Poblems", aber ein Teil eines achtsamen und professionellen Umgangs mit den Umständen und den Betroffenen.

Nun sind meine Gedanken bei den Mitarbeitern, die heute, während ich diesen Blog schreibe, die ersten Termine bei der Bundesanstalt für Arbeit absolvieren. Mögen alle wieder bei anderen Arbeitgebern schnell Fuß fassen.

Dem verkleinerten Unternehmen und den verbleibenden Mitarbeitern mit ihren Führungskräften wünsche ich, dass es durch diese Maßnahme schnell wieder aus der finanziellen Krise und auf gesunde Füße kommt.

 

Bildnachweis

Die Rechte aller hier verwendeten Bilder liegen voll umfänglich bei Hans-Peter Wellke.

Kopie, Druck und Vervielfältigung sind nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung von Hans-Peter Wellke erlaubt.

Die Bilder wurden bei Abflug vom Workshop aufgenommen sowie bei der Landung am Zielflughafen. Unter dem Eindruck der beiden intensiven Tage beim Kunden entstand im Flugzeug die Idee zu diesem Blog.

Autor des Blogs und Kontakt

Hans-Peter Wellke
Tel. +49 831 52750203

https://blog.wellke.de
www.SourceOfPerformance.de
www.CleanLanguage.de

 

 

2 Comments

  • Hans-Peter Wellke sagt:

    "Die Führungskräfte fühlten sich gut vorbereitet." - So das Resümee des Auftraggebers nach den ersten 50 Kündigungsgesprächen. Nun stünden die nächsten Schritte zur Gestaltung der Zukunft des weiterhin zu verändernden Unternehmens an.

  • Gregor EFQM sagt:

    Kündigungsgespräche sind, glaube ich, nie eine angenehme Sache. Selbst wenn man froh ist, den Mitarbeiter loszuwerden, muss man es ihm doch mitteilen. Aber ich denke, wenn man in einer Position ist, die das mit sich bringt, muss man da auch durch und sonst kann man das sicher auch bei einem Leadership Training o. Ä. üben.

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