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Online face to face oder real face to face? - Versuch einer gesellschaftlichen Standortbestimmung.

Hurrah! Wir treffen uns wieder im realen Raum! - Aber nicht nur. Vor neun Monaten propagierte ich: Die Meeting-Welt wird sich nicht mehr ändern. Wir bleiben zum Teil online und in Hybrid-Meetings. Ein Stück hat es sich bewahrheitet - doch einige Entwicklungen haben auch mich überrascht.

Macht das Video an! - war ein Kampf in jedem Team, der fast ein Jahr dauerte. Die Online-Kapazitäten sind besser geworden. Viele haben sich daran gewöhnt, ständig im eigenen Video zu sehen. Video-An ist "normal" geworden im "New Normal". Teams, Zoom und WebEx haben beinahe das Telefon ersetzt ("Telefon? Ach ja, das gibt es ja auch noch!"). Einige wenige nutzen noch die Bildschirmkamera an ihrem Laptop. Die meisten haben eine zusätzliche Videokamera auf Augenhöhe auf ihrem (zweiten!) Bildschirm.  Ja, zwei Bildschirme wurden zum Standard, auch zu Hause. Ein großer Bildschirm, um besser sehen zu können, der kleine vom Notebook für die laufenden E-Mails.

Die Mehrklassengesellschaft sieht gut

Wir wurden zur Online-Mehrklassengesellschaft. Einige hängen noch an den Notebooks herum, währen andere sich um den o.g. zweiten Bildschirm und einer zweiten Kamera zu Technik-Freaks entwickelt haben. Aber die Business-Gesellschaft differenzierte sich weiter. Man begann es zu schätzen, dass man auf dem einen Bildschirm die Menschen, auf dem anderen die Shared-Documents sehen kann. Oh je, wenn doch nur die Dokumente und die Leute - beide - groß zu sehen wären. Also zwei große Bildschirme, ein Notebook. So ließ es sich gut arbeiten.

Kaum zurück in den Offices, wurde auch dort aufgestockt. Ein Bildschirm und eine gute Videokamera vor der Nase und ein zweiter nebenan zum Teilen von Inhalten. Schon lässt es visuell gut arbeiten. An den Nachteil, dass während man über das Dokument redet, keiner mehr in die Kamera sieht, daran haben wir uns gewöhnt. Ja, und einige haben schon drei Bildschirme auf dem Arbeitsplatz stehen. Einer für eigene Dokumente oder für die Online-Technik links, in der Mitte die laufenden Bilder der Gesprächspartner und rechts den eigene Bildschirm zum Teilen.

Microsoft denkt mit

Bei PowerPoint-Präsentationen teilt das Microsoft von alleine so ein. Wunderbar. Während man in die Kamera präsentiert und man die eigenen Notizen, die aktuelle und die kommende Folie sehen kann, lesen die die Teilnehmer die Folie im Präsentationsmodus. So lässt es sich arbeiten. Auch hier gibt es neue Präsentationsmodi. Das ersetzt manche Streaming-Software im Hintergrund.

Die Mehrklassengesellschaft hört gut

Auch die Audio-Technik hat sich überholt. Statt Ohrenstöpsel trägt man gut gepolsterte Kabelkopfhörer (die eine Klasse), statt normaler Kopfhörer Noise-Reduction-Kopfhörer mit Kabel (in der zweiten Klasse) und während man sich in der gehobenen Online-Klasse bereits an Noise-Reduction kabellos gewöhnt hat.

Man hat investiert. Mindestens 300 bis 1000 Euro oder mehr. War ja auch spürbar. Die Preise für Bildschirme und Kopfhörer stiegen im Frühjahr ins Unerermessliche. Wir Online-Coaches und Online-Workshop-Moderatoren haben seitdem kleine Studios aufgebaut. Vier Bildschirme, Lichttechnik, High-Tec Micro, Mischpult und Steuerungssoftware, Green Screen. Es geht um optimale Verknüpfung von Bild und Ton, Herstellen von komfortablen Interaktionsmöglichkeiten von Miro bis Conceptboard, Gestaltung von Interaktionen in Kleingruppenarbeit in Breakoutrooms, Shared Documents. Wenn uns das Händeschütteln, Kaffeeanbieten und der kleine ungestörte informelle Smalltalk beim Kaffeetrinken in den Workshoppausen nicht fehlen würde ... , an vielen Stellen ist die technisch-visuelle-Workshopkooperation sogar effizienter und effektiver geworden als sie in früheren Meetings möglich war.

Hintergründe

Ach ja, und da war doch noch das Thema mit den Hintergründen. Sie haben geflattert, waren unscharf. Heute funktionieren sie gut, ob mit oder ohne Green Screen, in Teams oder in Zoom. Das hat wohl auch dazu beigetragen, dass die Videokameras angehen - und an bleiben. Nicht mehr die Kantenabschnitte, bei denen man dann doch die ungemachten Betten flackern sieht, die Wäschestapel im Hintergrund oder das noch nicht fertig ausgebaute Dachgeschoß erkennen konnte.

Und auch hier: Feine Unterschiede zwischen den Online-Klassen. Die einen, immer den gleichen (irgendeinen) Hintergrund von Microsoft wählend ("Schön gell, der war halt hier in der Auswahl in Teams"), die anderen einen bewusst gewählten (Das Bild eines Büros, das Foto eines privaten Arbeitszimmers als virtuelle Hintergrundtapete), Statussymbole und Accessoires ("Nein, das ist nicht meine Bibliothek, das ist ein Foto aus dem Kloster ...") und die Profis gestalten ihre virtuellen Räume ganz bewusst (Wie in meinem Vortrag "Wir lieben Begegnung" gezeigt.) etwa ein Foto aus dem eigenen Büro, so als säße man real dort ("Sag mal, bist Du im Büro oder ist das ein Hintergrundbild?"), eine Aufnahme aus dem im Team bekannten Besprechungsraum oder der gemeinsamen Kaffeeküche. Man richtet es sich auch online heimelig ein.

Es geht doch nichts über ein reales Treffen - oder?

Und dennoch wissen wir, wann wir uns wieder Life treffen sollten, wie schön es ist und welche Vorteile es hat. Und daher gibt es sie wieder, die ersten realen Workshops (in einsamen Büroflächen). Aber mit viiiiel Abstand im Stuhlkreis. Bei 1,5 m Abstand sind wir ab 10 Personen im Workshopraum dennoch verloren. (Wer kann über 50 noch die Gesichtsnuancen seines Gegenübers am anderen Ende des Raumes genau erkennen?). Kaum steht man auf - Maske auf. Und wieder sieht man kein Gesicht. Und viel Lüften ("Ich hole mir mal schnell meine Jacke aus dem Auto."). Und dann - man glaubt es kaum - dann wünschen wir uns doch die Online-Version zurück ("Kannst Du bitte mal das Dokument teilen?" - "Ja gerne, ich fahre schnell mein Notebook hoch. Kannst Du schon mal den Beamer starten? Hat jemand einen Adapter für den alten iPad-Anschluss auf DisplayPort dabei?" - "Wir könnten doch die Zeit gleich für die Kaffeepause nutzen?" - "Ach so, nein Verpflegung gibt es für den heutigen Workshop nicht. Coronabestimmungen. Aber gegenüber ist ein Edeka." - "Zu Hause habe ich eine richtig leckere Kaffeemaschine mit vorwählbarem Wasserhärtegrad, das wäre jetzt lecker." Betretens Schweigen, Nicken ...).

Next steps

Die Entwicklung wird weiter gehen. Wir lernen Tag für Tag, Woche für Woche. Welche Ziele sind mit welcher Technik, mit welcher Art von Meeting erreichbar? Online, Real oder Hybrid? Miro oder Conceptboard? Whiteboard oder Shared-Word? Und was ist bitte nochmal der Unterschied zwischen SharePoint und OneDrive? Und in Teams gibt es eine neue Funktion, kennst Du diese schon?

Wir werden täglich dazu lernen. Und wo stehen wir in einem halben Jahr? Wird es einen technischen Standard über dem aktuellen geben? Ich weiß es nicht. Jetzt wird die neue Technik erst mal normal - und wahrscheinlich kommt dann die Innovation. - Ich melde mich wieder, sobald ich sie entdeckt habe. Und wenn Sie sie vor mir um die Ecke lugen sehen, dann geben Sie mir bitte Bescheid.

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Wie schätzen Sie die aktuelle Situation ein?

Bildquelle und Links

Blogautor

Hans-Peter Wellke
info@partner-PE.de
Tel. +49 831 52750203

 

2 Comments

  • Hans-Peter Wellke sagt:

    Manche Kommentare laufen auch neben den offiziellen Posts. Gerade hatte ich eine LinkedIn Diskussion mit einem Mitarbeiter eines internationalen Unternehmens. Während wir über drei Bildschirme nachdenken, haben andere unserer Mitarbeiter in anderen Kontinenten oder europäischen Regionen kaum Zugang zum Internet. Auch die machen einen guten Job. - Die technische Mehrklassengesellschaft könnte oder sollte von mir noch weiter differenziert werden in diesem Blog. Das Gespräch regte zum Nachdenken an.

  • Susanne Bohn sagt:

    Was hat das "NEW NORMAL" mit unserer Kommunikation gemacht?!

    Eine wertvolle Unterlage für Teams zu reflektieren, wie sie ihre Kommunikation weiter gestalten, was es braucht und was definitiv auch nicht.

    Lieber Kollege Du schilderst dies sehr klar und kritisch durchleuchtet, äußerst unterhaltsam - mit einem Funken Selbstironie - in Deinem Beitrag. Ich hatte viel Spaß beim Lesen. Vielen Dank.

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