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Wir trauern um das Home Office.

Er kam erst schleichend, dann plötzlich. Den Tod des Home Offices hatte keiner erwartet. Nach langjährigem Kampf, doch wenigstens ein oder zwei Tage ins Home Office zu dürfen, war es plötzlich so schnell weg wie es gekommen war.

Einige hatten eine Übergangsregelung für sich errungen: Das mobile Office. Arbeiten von wo immer man möchte. Das versprach Flexibilität. Aber auch das begann langsam und unmerklich zu schwächeln.

Wie es dazu kam

Wenige hatten das Privileg, sich für einen Tag in der Woche zurückziehen zu dürfen. Endlich Ruhe. Keine spontanen Besuche der Kollegen am Schreibtisch. Kein Chef, der "nur mal schnell" etwas wollte. Keine Nachbarabteilung, die irgendwelche "kannst Du Dich bitte mal schnell darum kümmern" Akten auf den Schreibtisch legte. "Home Office" klang wie Honig. Nach Sehnsucht und Ruhe: Zeit, Dinge ungestört zu bearbeiten. Nachdenken im Wohnzimmer, auf dem Balkon, auf der Terrasse über die Dinge, zu denen man im Büro keinen zusammenhängenden Gedanken zustande brachte.

Und dann kamen irgendwelche Leute auf die Idee, Flächen einzusparen. "Einige sind sowieso immer im Urlaub, auf Dienstreisen, in Besprechungen oder sonst wie unterwegs", dann "braucht doch jeder nur einen Schreibtisch für drei Tage und nicht für fünf". - Und wie wir uns gewehrt hatten! Schließlich parkten wir jeden Tag auf dem gleichen Parkplatz. Und obwohl wir den ganzen Tag in Meetings waren ... Wir brauchten unseren Schreibtisch! - Irgendwo musste man doch seinen Apfel morgens hinlegen. Und wie hätte man sonst gewusst, wer heute im Büro war? Und wie hätte man die Kollegen gefunden ohne ihren Schreibtisch (man fand sie sowie dennoch oft nicht, denn sie waren in irgendwelchen Meetingräumen und nur selten am Arbeitsplatz).

Der Schreibtisch als Heimatgefühl. Als Ort der Zugehörigkeit. Als Statussymbol (Eckrandstück, Einzelzimmer, zwei Fenster, Besprechungstisch). Irgendwie musste man doch zeigen, wer man ist.

Vertrauensarbeitszeit - gab es nur für die, die sowieso mehr als 40 Stunden Arbeiten durften. (Wo käme man dahin, wenn jemand zu Hause gewesen wäre, die Arbeit in sechs statt in acht Stunden fertig bekommen hätte. Kontrolle ist schon wichtig.)

Und dann kam Corona

Multitasking at Home. Kinder betreuen, Ringen um die Online-Kapazitäten, Essen kochen, Kinder vom Handy wegholen - oder das Gegenteil. Denn dann konnte man in Ruhe schnell mal selbst ein paar Mails schreiben.

Das Home Office verkam zum Multi-Responsibility-Arbeitsplatz. Nichts mehr mit Ruhe. Zwischen Pfannkuchen und Telefonaten, E-Mails und whatsapp-chats, während man mit der Technik kämpfte, versuchte man die Termine zu jonglieren.

Ach ja, Termine. Wo sind eigentlich die Pufferzeiten hingekommen? Die Störungen der Kollegen - wir vermissen sie, die Kollegen und die Störungen - waren vielleicht doch nicht so schlecht für den schnellen Informationsaustausch. ("Ich krieg eigentlich gar nichts mehr mit"). Wo sind die abwechslungsreichen Laufzeiten ins Nachbarbüro, ins Nachbargebäude, die Fahrtzeiten zum Nachbarstandort, auf denen man so einfach noch ein paar zusätzliche unterminierte Telefonate unterbrachte? Office 365 lässt uns mit der Handytastatur kaum Spielraum, die Meetings anders starten zu können als zur vollen Stunde und auch so zu enden.

Jetzt müsste man für das Home Office von früher wieder woanders hingehen. In die Restaurants, Cafes, Kneipen. Endlich Ruhe! Aber darf man für Ruhe den Terminkalender blocken, wie früher mit dem "Home Office - Bitte nicht stören-Schild" im Terminkalender? Wie soll man das nennen, während man im Home Office sitzt?  Mobile Office? - Ach so, das mit den Restaurants geht auch nicht. Die sind ja zu. Und wer passt dann auf die Kinder auf?

Bist Du auch im Home Office?

"Ja, seit neun Monaten  - und Du?" Man denkt zurück und schwelgt in Träumen: Früher, als ich ins Home Office durfte ... Da war Casual angesagt. Im Schlafanzug mit dem Notebook auf dem Sofa. Im T-Shirt am Privatschreibtisch. Kurze Hosen, Schlappen.

Heute sind wir multimedial unterwegs. Wo wollen wir uns treffen? Hat längst keine Raumnamen mehr, sondern Meetingnummern und Zugangscodes. Zoom oder Teams? Webex oder Skype? Per Telefon? Ach ja, das gibt es ja auch noch.

Uups, der will, dass ich das Video anmache. Sei doch viel netter, wenn man sich sieht... (Leider bin ich aber nicht rasiert heute. Was mache ich denn?) - "Du, irgendwie geht meine Camera heute schon den ganzen Tag nicht, sorry" oder "na gut, ich mache die Kamera an. Ich bin aber nicht geschminkt heute!"

Der Home Office Schreibtisch wurde zum Multi Media Studio. Passt das Licht? Was steht im Hintergrund? Geht die Kamera? Wie sieht meine Frisur aus? Kopfhörer oder Freisprechmicro? Oder doch mit Hintergrundbild?

Anzug, gebügeltes Hemd, hochwertiges T-Shirt. "Sorry, mein Sohn braucht mich gerade. - Nein jetzt nicht, Schatz, ich komme gleich. - Entschuldigung", "Das im Hintergrund ist übrigens meine Frau. Wink mal, Schatz."

Wo zoome ich am besten? Im Keller ist kein Empfang. Im Wohnzimmer wird gesaugt. In der Küche ist nicht aufgeräumt, außerdem läuft da die Spülmaschine. Das Gästezimmer! Gut dass, es das Hintergrundbild gibt. Aber das funktioniert auch nicht immer. Kaum fuchtelt man mit den Händen, sieht jeder für einen Bruchteil einer Sekunde die ungebügelten Hemden im Hintergrund hängen. Also doch wieder im Speicher zoomen.

Home Office aktuell

Weniger Fahrt -und Reisezeiten. Weniger Fahrt- und Reisekosten. Mehr Kontakte zur eigenen Familie. Mehr gemeinsame Zeiten zu Hause. Ist es das gleiche oder ein anderes Homeoffice als noch vor einigen Jahren?

Viele von uns wollen eigentlich gar nicht mehr in die Arbeit zurück. Es hat durchaus auch Vorteile zu Hause zu arbeiten, die wir nicht missen wollen. Auch wenn es nicht das gleiche Home Office wie gestern ist.
Wir kommen an die Daten im Büro. Wir können mehr Termine bewältigen als früher. Wir sparen uns Zeit, die wir für uns die Familie haben. Wir können schnell mal eine Sporteinlage dazwischen machen, Yoga online ... Der/die Chef*in sitzt uns nicht im Nacken. Und die mangelnde Internetanbindung ist doch nicht unser Problem! Dann haben wir wenigstens einen Grund, das Video auslassen zu dürfen.

Und für viele gilt gleichzeitig:

Das Home Office ist tot

Die Politiker fordern, dass wir alle ins Home Office dürfen.  Wir sollen das Recht auf Home Office einklagen ... - Home Office ... Wo ist das eigentlich? - Unser Büro ist, wo wir sind. Der Ort spielt keine Rolle mehr. "My Home Office are my devices". Handy, Notebook, Internet. Ort, Raum, Zeit, ich ... alles ist eins.

Mein Team hat keinen örtlichen Bezug mehr. Der Bezug sind nur noch wir. Ich und Du. Der Ort ist nebensächlich geworden. Der innere Bezug ist relevant. Begegnung wird über virtuelle Verbindungskanäle gestaltet. Körperliche Nähe über die Familie (Wehe denen, die ohne Familienbezug leben).

Das Home Office wurde zum Broadcasting Studio

und zum non stop ohne Pausen termingetriebenen Arbeitsplatz. Jetzt wollen wir wieder ins Büro. Endlich gewollte, geordnete Störungen. Endlich Ruhe. Endlich Zeit zum Arbeiten.

Also doch wieder ins Büro? Wo sind eigentlich die Kollegen? Ach, im Büro hat sich auch alles verändert? Wir nehmen doch nicht etwa unser Broadcasting Studio dorthin mit?

Aber sicher doch!

Licht am Horizont

Wir müssen schon wieder umlernen. Wenn wir schon kein Home Office mehr haben. Vielleicht steht zukünftig etwas Neues in unserem Kalender? Medienfreier Tag? Day off?
Das ist noch nicht alles. Wir werden noch mehr dazulernen müssen.

Wie geht´s weiter?

Wir lernen alle. Täglich.

  • Wo sind meine Pausen?
  • Wo ist meine Bewegung?
  • Wo sind meine zeitlichen Vorbereitungszeiten oder Nachbereitungszeiten?
  • Wie treffe ich Kollegen, die ich vorher spontan treffen konnte?
  • Wie erreiche ich meine Kollegen? (Alle sind mittlerweile durchgetaktet, ohne Outlook-Termin geht gar nichts)

Tipps

  • Achtsam sein für sich und auf andere
  • zeitliche Puffer einbauen
  • Termine nie zur vollen Stunde starten und beenden
  • Pausenblocker
  • Home Office ist weg? Offline-Zeiten-Blocker zum Arbeiten und Aufarbeiten

Raus aus dem Teams-Zeitplan-Korsett

 

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